Zeichen und Wunder

Vor ein paar Tagen kam die RAF-Terroristin Brigitte Mohnhaupt frei, eine Entscheidung welche in Deutschland eine Menge Diskussionen ausgelöst hat.

Ob die Freilassung richtig oder falsch ist, darüber kann man trefflich streiten. Für mich ist es ein Grenzfall, ich finde für beide Meinungen einige Argumente. Aber das tangiert mich jetzt gar nicht.

Meine Aufmerksamkeit erregte etwas anderes. J.F. Wagner, ein Journalist der BILD-Zeitung, nannte sie in einer Kolumne Mörderin. Daraufhin sendete ein Rechtsanwalt in ihren Namen einen Brief, dass sie nicht mehr so genannt werden möchte und drohte mit juristischen Schritten. J.F. Wagner gab ihr darauf folgende Antwort:



Liebe Brigitte Mohnhaupt, über Ihren Rechtsanwalt verlangen Sie von BILD und mir, Sie nicht mehr Mörderin zu nennen. Sie drohen mit juristischen Konsequenzen.

Immerhin ist es beruhigend, dass Sie nicht damit drohen, mich zu erschießen oder mich erschießen zu lassen, wie Sie es mit Buback, Ponto, Schleyer und 3 Polizeibeamten taten.

Sie sind wegen 9-fachen Mordes und mehrfachen Mordversuchs zu lebenslänglich verurteilt worden.

Wie hätten Sie es denn gern, wie ich Sie nennen soll? Mörderin i. R. (im Ruhestand), Mörderin a. D. (außer Dienst), Ex-Mörderin oder FaMb (Früher als Mörderin bekannt).

Lieber Anwalt, liebe Brigitte Mohnhaupt, Morde verjähren nicht. Man kann sie nicht abwaschen wie schmutzige Hände. Ich würde lügen, wenn ich Brigitte Mohnhaupt nicht weiter Mörderin nenne.

Mir fehlt die Schönstimme dazu, Sie heute ältere Frau als Dame zu bezeichnen, als nette Nachbarin, die auf ihrem Balkon sitzt als wäre nichts geschehen. Die Wahrheit wird dumm, wenn man nicht mehr die Wahrheit schreibt. Sie werden für mich immer die Mörderin sein. Sie haben die Grenze überschritten, nicht ich.

Ihr Anwalt kann mir tausend Briefe schreiben – niemals werde ich zurücknehmen, was ich vorgestern geschrieben habe: „Es ist für mich unfassbar, dass in unserem Land eine Mörderin die Chance hat, glücklich zu werden.“ Das bleibt so.

Herzlichst

Ihr F. J. Wagner



Ja, die Bild-Zeitung ist so ziemlich das ärgste Schmierblatt, was es gibt und sie hat sich journalistisch schon viel zu Schulden kommen lassen.

Aber manchmal geschehen Zeichen und Wunder, denn diesmal bin ich ausnahmsweise mal der gleichen Meinung. Ich denke auch, dass sie immer noch eine Mörderin ist und dies ausgesprochen zu hören, wird sie - so fürchte ich - aushalten müssen. Denn ihre Opfer sind auch nach wie vor ihre Opfer und werden nicht zu Ex-Opfer. Und wenn sie Lust hat, kann sie ja jetzt auch damit drohen mich zu verklagen. Meine E-Mail-Adresse ist pezwo@gmx.net.
Also sprach gulogulo
am Donnerstag, 29. März 2007, 19:38 wie folgt:

mich wundert vor allem, daß funf mal lebenslang plus 15 jahre schon nach 24 jahren vorbei sein können.

sillerbetrachter - 29. Mär, 22:50

geht mir ähnlich. dreimal lebenslänglich plus 15 jahre...sind doch was anderes als 3 mal acht. *kopfschüttel*
PeZwo - 30. Mär, 06:43

ja, solche Fragen drängen sich zwangsläufig auf...
Also sprach SuperWeib
am Donnerstag, 29. März 2007, 20:01 wie folgt:

Das Leben ist kein Wunschkonzert... und die Menschen, an deren Tötung sie beteiligt war, WOLLEN ganz sicher auch nicht tot sein...

PeZwo - 30. Mär, 06:44

so ist es....
Also sprach david ramirer
am Montag, 16. April 2007, 23:20 wie folgt:

es ist schon richtig: mord verjährt nicht. mit der tatsache, neun menschen um deren leben gebracht zu haben, muss frau mohnhaupt nun ihr restliches leben verbringen. ob sie nun reue oder schuldgefühle hat, oder nicht, bleibt ihre sache (und nicht die von in wahrheit nicht-beteiligten nicht-angehörigen).
tatsache ist aber auch, dass es herrn f.j.wagner um keinen deut glücklicher macht, frau mohnhaupt "mörderin" nennen zu dürfen/müssen. und mir ist - im unterschied zu anderen menschen - auch bewusst, dass es frau mohnhaupt nichts bringt, so genannt zu werden.

mord ist wohl mit abstand die das soziale gewissen am meisten erschütternde tat. aber mich erschüttert auch der umgang mit denen, die ihn verübt haben. ich bin froh, dass wir - im unterschied zum mittelalterlichen amerika - eine halbwegs zivilisierte rechtssprechung haben, die lynchjustiz, todesstrafe und die menschenwürde vernichtende haftstrafen verhindert.

auch mörderinnen und mörder bleiben menschen.
mit dieser tatsache zu leben ist für niemanden leicht.
und es gab noch keinen mörder und keine mörderin, die nach einer zwanzigjährigen haftstrafe wieder rückfällig wurde.

PeZwo - 16. Apr, 23:40

wie ich oben geschrieben habe, man kann trefflich streiten ob man diese Frau freilassen hätte sollen oder nicht. Ich habe keine wirklich Antwort darauf und bin heilfroh, dies nicht entscheiden zu müssen.

Bei der oben gestellten Problematik geht es aber um etwas anderes. Es stellt sich die grundsätzliche Frage, ob sie es verbieten lassen kann, eine Mörderin genannt zu werden. Und da bin ich ausnahmsweise mal der gleichen Meinung wie die BILD-Zeitung. Sie ist eine .... und es ist die Wahrheit, die man auch aussprechen darf... unabhängig davon ob wer was davon hat oder nicht hat.
david ramirer - 17. Apr, 07:38

das stimmt, die wahrheit ist es, und die bleibt es.

dennoch ist es auch gut, dass mörderinnen nach verbüßen der freiheitsstrafe wieder rechte erlangen und also auch jemanden verklagen können. andernfalls wären sie für ihr restliches leben außerhalb des staatlichen gesetzesbogens, also mehr oder weniger auf tierniveau, und wir wissen, wo das hinführt... und die bild-zeitung, die kann sich jede klage leisten (und würde es verdienen, an klagskosten einzugehen).
david ramirer - 17. Apr, 09:09

noch ein p.s.:

dass gerade die bild-zeitung sich anmaßt, das wort "wahrheit" in auch nur irgendeinem zusammenhang in den "mund" zu nehmen, grenzt schon an satire. und der begriff der "verjährung" bezieht sich nicht darauf, dass mörderinnen und mörder ihr leben lang verfolgt, eingesperrt, diffamiert, ausgegrenzt und bedroht werden können... die verjährungsfrist bedeutet, dass die strafe nicht verjähren kann (soll). "mord soll nicht verjähren" ist übrigens ein zitat, das in ganz anderem zusammenhang der politiker herbert wehner vor vielen jahren in einem artikel prägte (allerdings im richtigen zusammenhang, nämlich der verfolgungsverjährung).

"sie haben die grenze überschritten, nicht ich" ist (wenn herr wagner mit "ich" auch die bild-zeitung meint) wohl der gipfelpunkt der frechheit... denn die bild-zeitung lebt davon, grenzen des guten geschmacks und der menschenwürde zu überschreiten, und ich bin nicht sicher, was schlimmer ist: die verbrechen der bild-zeitung, oder die der RAF.
ganz ehrlich.
PeZwo - 17. Apr, 09:34

da Meinungen und Sichtweisen nun mal unterschiedlich sind ist alles was du schreibst ohne Zögern als persönliche Meinung zu akzeptieren... und im Grossen und Ganzen verstehe ich alles, was du meinst. Ich kenne die selektive Wahrnehmung von BILD und hier hat wohl einmal ein blindes Huhn ein Korn gefunden.

Nicht verstehen tue ich den Schlußsatz. Also ich habe bezüglich der Unterschiede zwischen "Überschreitung des guten Geschmacks" und "Leute killen" absolut kein Problem zu definieren, was schlimmer ist.
david ramirer - 17. Apr, 09:56

die bild zeitung überschreitet nicht nur den guten geschmack, sie bereitet auch mit ihrer ständigen verdrehung der wahrheit und der mit-verblödung und de-sensibilisierung des publikums den boden für blutige taten, bis hin zum mord. hier zu behaupten, die "hände seien rein" ist zynisch. denn die bild-zeitung macht sich jeden tag schuldig, indem sie die leser für dumm verkauft.
das eine verbrechen ist ruchloser, weil sogar mit wirtschaftlichem erfolg verbunden, auf kosten der leser. das finde ich brutaler als mord.
PeZwo - 17. Apr, 10:08

Ui, mir scheint du hast einen ziemlichen Hass auf die Zeitung. Na, gut. Ich bin auch kein Fan, aber ich sehe es bei weitem nicht so dramatisch wie du. Ok, Meinungen sind und dürfen unterschiedlich sein.

So, ich muss weg auf Dienstreise. Baba....
david ramirer - 17. Apr, 11:14

ich wünsch dir eine gute reise!

hoffe, wir sehen uns auch einmal bei einem konzert ;-)

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