Vom Wollen und vom Möchten

Gestern traf ich wiedermal eine alte Bekannte. Wir hatten uns schon länger nicht mehr gesehen und daher viel zum reden.

Bei dieser Gelegenheit schüttete sie mir auch ihr Herz aus. Das alte Thema. Sie ist schon über 35 Jahre alt und eigentlich hätte sie sehr gerne Mann, Heirat und Kind (in dieser Reihenfolge)... und die Zeit läuft ihr schön langsam davon usw.usw. Sie hat auch einen Freund und der wäre grundsätzlich solchen Plänen ja gar nicht abgeneigt. Auf meine Frage "ja, und wo ist dann das Problem" kam das "Ja, aber..." und es folgte eine lange Aufzählung der Dinge, die irgendwie nicht passen und wie es sein müsste, damit sie... und so fort.

Ich hörte eine Weile zu und dann sagte ich ihr auf dem Kopf zu, dass sie meiner Meinung nach Ehe und Kind zwar ganz gerne möchte, das aber gar nicht wirklich will. Etwas erstaunt blickend fragte sie mich wie ich das jetzt meine. Ich erklärte ihr meine Definition dieser Worte.


Wenn man etwas nur möchte, dann hängt die Entscheidung ob man auch tut, von eventuellen Nachteilen ab "ich tue aber nur, wenn das so oder so ist".

Wenn man jedoch etwas wirklich will, dann handelt man. Über eventuelle Nachteile und Konsequenzen wird zwar meist auch nachgedacht, aber nur zu dem Zweck dass man gegen sie gewappnet ist. Sie haben aber keinen Einfluss auf die Frage "tun oder nicht tun".


Danach schien sie etwas nachdenklich. Ich glaube, da habe ich einen wunden Punkt getroffen.
Also sprach david ramirer
am Montag, 27. Juli 2009, 15:42 wie folgt:

im prinzip hast du recht, ganz sicher.

aber im nachhaltig zwischenmenschlichen umgang ist das "wollen" manchmal glücklicherweise nicht oberste priorität: denn es muss ein gegenüber finden, das möglichst haargenau das selbe will. ist das nicht der fall, wird weiter das gegenseitige "möchten" abgeglichen und zueinander "in stimmung" gebracht - wo auch die dissonanzen durchaus dazugehören.
wird die "abstimmung" zu kurzfristig absolviert und ohne entsprechender zeit (bisweilen nur mit erfolgreichem "wollen" des einen partners) ehe, kinder usw. erreicht, dann ist zwar der erfolg da, aber die negativen folgen bleiben dann für alle beteiligten meist nicht aus.
sicher: diese gehören vielleicht zum erfolg dazu, aber eventuell wäre der erfolg noch runder, wenn die zeit zum reifen da gewesen wäre.

all diese überlegungen ändern aber nichts daran, dass du mmn. im prinzip ansolut recht hast: ohne wollen kein erfolg. ich bin ja sogar der meinung, dass "möchten" ein anfang ist: denn nicht wenige wissen nicht einmal, was sie möchten, geschweige denn wollen...

kittykoma - 27. Jul, 16:03

ich weiß nicht. mir ist da zuviel differenz zwischen konsequenzgemindertem probehandeln (auch spiel genannt und in diesem falle "freund und freundin sein") und der vermeintlich perfekten realität von ehe und familie (wenns dann endlich "ernst" wird).
eine beziehung ist immer ein prozeß und - es sei zu hoffen - nicht nur spielerisch. auch ehe und familie sind prozesse, die spielerische anteile haben.
als würde man, wenn man am beckenrand sitzt und nur lange genug mit den füßen im wasser plantscht, irgendwann die passende situation vorfinden, vom dreimeterbrett zu springen.
und, das bemerke ich immer wieder gern, 50% einer beziehung ist man selber. statt den anderen zu bemängeln, sollte man lieber vor der eigenen tür kehren. jemand, der perfekt paßt, den gibt es nur in der projektion, denn irgendwas ist immer. alles andere ist harte arbeit.
PeZwo - 27. Jul, 16:03

@david

ja, wir sind da in der Tat ziemlich einer Meinung.

Im zwischenmenschlichen Bereich ist für das Handeln auch noch die analoge Geisteshaltung der anderen Person notwendig. Aber für die Entscheidung zur eigenen prinzipiellen Bereitschaft zum Handeln ist die andere Person im Grunde genommen irrelevant.

Ob das "Wollen" auch gleichzeitig Erfolg bedeutet, kann natürlich nichts garantieren. Aber es zumindest versucht zu haben kann auch schon eine Art Erfolg sein... auch wenn die eigentliche Sache auf lange Sicht dann doch schief geht.
PeZwo - 27. Jul, 16:06

@kittykoma

ja... 50% einer Beziehung ist man selbst. Schöner Satz.
david ramirer - 27. Jul, 16:08

@kittykoma
du gibst mir recht: denn egal ob ich "etwas am anderen bemängle" oder "vor der eigenen türe kehre" - es braucht zeit, zu differenzieren, wo das kehren vor der eigenen türe wirklich ein wegräumen von müll ist... und wo das bemängeln des gegenübers auf unvereinbarkeiten hindeutet, die nicht aus dem wege zu räumen sind.

eine entscheidung alleine für sich zu finden, ist eine (wesentliche) sache - eine entscheidung gemeinsam zu treffen, eine ganz andere.
kittykoma - 27. Jul, 17:58

das mit der zeit ist eine temperamentsfrage. ich bin eine schnelle entscheiderin. daher führe ich oft situationen (und menschen). wenn auf der anderen seite ein bedenkenträger sitzt, paßt das allerdings tatsächlich nicht.
ich bin der meinung, daß man mit einiger menschenkenntnis sehr schnell weiß, ob der mensch, der potentieller partner ist, auch langfristig zu einem paßt. das ändert sich auch mit langem überlegen nicht. setzt allerdings voraus, daß man weiß, was man selbst will.
steppenhund - 27. Jul, 18:14

@Kittykoma

Bedenkenträger können ganz schon abturnen, wenn sie langsam denken. Man kann Bedenken durchaus rasch ausräumen, wenn man gewohnt ist, analytisch und schnell zu denken.
Aber ich bin mittlerweile ganz schön desillusioniert, wenn ich mir überlege, dass ich mit Ausnahme der Frauen, mit denen ich schon ein wirklich tiefes Verhältnis gehabt habe, niemanden mehr kennen gelernt habe, der als Partnerin in Frage kommen würde. (Selbst unter denen gibt es einige, wo ich heute eher vorsichtig agieren würde.)
Das ist nun kein Problem, da ich ja sehr glücklich mit Frau Columbo zusammenlebe.
Die Frauen, die sonst in Frage kommen würden, leben bis auf eine Ausnahme (vielleicht ist auch sie keine Ausnahme mehr) in "nach außen wirkenden", glücklichen Beziehungen.
Aber möglicherweise sind die Ansprüche einfach zu hoch.
Allerdings müssten sich ja auch Partner finden können, die beidseitig hohe Ansprüche haben:)
PeZwo - 27. Jul, 20:16

@kittykoma

Ja, die Geschwindigkeit ist eine Frage des Temperaments.

Aber zu schnell entscheiden kann gefährlich sein. Mit Menschenkenntnis kann man jene Personen bald aussieben, wo ein "Nicht-Zusammenpassen" recht klar ist. Aber meistens ist es eine Mischform, manche Eigenschaften des Anderen stören etwas, manche hingegen liebt man. Da man üblicherweise den anderern anfangs viel zu rosarot sieht, stellt es sich erst im Laufe der ersten Jahre heraus, welche dieser Seiten überwiegt.
Also sprach steppenhund
am Montag, 27. Juli 2009, 18:03 wie folgt:

Der Beitrag bestätigt etwas, was ich schon oft beobachten konnte. Etwas wird gewollt aber nicht durchgeführt.
Was da aber im Zusammenhang mit Partnerschaft abläuft, hängt von einer anderen Geschichte ab. Wird ein Zusammenleben einigermaßen im gleichen Licht gesehen von den möglichen Partnern?
Ich behaupte einmal, dass Kinder aus funktionierenden Ehen es hier leichter haben, weil sie ein Modell kennen, wie die Partnerschaft auch unter ungünstigen Lebensverhältnissen intakt gehalten werden kann.
Kinder, die allein aufwachsen, haben möglicherweise genauso einen Glauben an die Dauerhaftigkeit, sind aber zur Überkompensation verdammt. Die Partnerschaft muss viel besser funktionieren, damit sie ihnen eine Chance geben, wenn sie Schwierigkeiten bekommen. Oder das andere Extrem verleitet zur raschen Scheidung im Fall von Schwierigkeiten. Schließlich ist das ein erlebtes Muster.
Es gibt sicher genauso viele Männer wie Frauen, die sich einen Partner für eine Ehe wünschen, doch dann gibt es die so unterschiedlichen Vorstellungen.
Manchmal sehe ich "Liebesgeschichten und Heiratssachen". Da ist es oft erschütternd, wie Frauen es lange in einer schlechten Partnerschaft aushalten, weil sie sie erhalten wollen.
Aber genauso stelle ich fest, dass ich vielleicht nur einer vorgestellten Person aus zehn überhaupt eine Chance einräume, eine glückliche Beziehung neu eingehen zu können. Zu festgefahren sind die Vorstellung und zu vage die Vorstellung, was wirklich gewünscht wird.
Ich bin ja der Meinung, dass es für jeden Topf mehrere Deckel gibt, doch ist es neben der notwendigerweise gefühlten Attraktion auch notwendig, sich zu überlegen, ob man zusammenpasst.

PeZwo - 27. Jul, 20:06

das "Ja, aber" ist oft auch ein verkapptes Nein, welches sich derjenige oft selbst nicht eingestehen will... es werden an ein Ja so viele Bedingungen geknüpft, dass es höchst unwahrscheinlich ist, dass es je einmal alles passt.

Natürlich gibt es Studien über Scheidungskinder, ob deren Partnerschaften schlechter oder besser sind. Die Ergebnisse sind im Wesentlichen immer gleich und lauten, dass es keine signifikant erkennbaren Abweichung gibt. Das kann man jetzt glauben oder auch nicht. Ich persönlich halte so ein Ergebnis für durchaus denkbar, weil ich nicht an ein Patentrezept für Konfliktbewältigung in Partnerschaften glaube. Es nutzt ein erlebtes positives Modell nichts, wenn der eigene Fall ganz anders gelagert ist und die gelernten Konfliktbewältigungsstrategien der Eltern bei der eigenen Ehe daher nicht greifen.

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