U2 by U2 1980 - 1981 Into The Heart (4. Kapitel)
Wir unterzeichneten unseren ersten Plattenvertrag tatsächlich in der Damentoilette des Lyceum in London. Aber das ist eine lange Geschichte...
Das 4. Kapitel beschäftigt sich im Wesentlichen mit der Produktion ihrer ersten beiden Albums "Boy" und "October", den ersten Tourneen ausserhalb von Irland bzw. Großbritannien und einer ernsten Krise, welche fast zur Auflösung der Band geführt hatte.
Nick Steward von den Island Records bot den 4 Jungs nach ihren Auftritt im Dubliner National Stadium tatsächlich einen Plattenvertrag an. Er gab aber zu, dass dieses Angebot nicht mit dem Besitzer von Island Records abgesprochen war. Daher fuhr Paul McGuiness in seiner Eigenschaft als Band-Manager nach London, um den Vertrag unter Dach und Fach zu bringen. Es waren noch einige Leute zu überzeugen. Die Band kam nach und spielte auf kleineren Festivals u.a. in Notting Hill, damit die Entscheidungsträger die Musik von U2 besser kennen lernt.
Aber dann war es soweit. Nick kam mit dem Vertrag und er wurde tatsächlich auf der Damentoilette unterzeichnet. Er verpflichtete U2 zu 2 Singles und einem Album und brachte das erste Geld ein. Die paar hundert Pfund linderte die große finanzielle Not.
Es war sicher nicht der beste Vertrag, den eine Band je abgeschlossen hat, aber für uns war er gut genug
U2 machte sich auf die Suche nach einem Plattenproduzenten und fanden Martin Hannett. In den Windmill Lane Studio in Dublin begannen die Aufnahmen für die Single "11 O'Clock Tick Tock".
Wir waren noch nie zuvor mit einem richtigen Produzenten in einem Studio gewesen, also waren wir einigermaßen nervös und das wirkte sich auf unser aller Spiel aus. Wir hatten wirklich große Schwierigkeiten, den Backingtrack richtig hinzubekommen. Wie es aussah, konnten wir uns nicht auf ein Tempo einigen. Wir begannen in einem Tempo und nach etwa 16 Takten waren wir schon drei oder vier BPM schneller und das ging so weiter bis zum Ende des Songs.
Nun kam der nächste Schritt. Sie bekamen einen Transporter, der ihre Situation deutlich verbesserte. Nun waren sie mit ihm in der Lage, zu den Konzerten anzureisen, darin zu wohnen und wieder heimzukehren, was sehr viel Geld sparte. Sie fuhren kreuz und quer durch Großbritannien und spielten an den verschiedensten Orten.
Dieses Video stammt von einem Auftritt in Belfast und es zeigt wie ungezügelt die Band, insbesondere Bono, damals war.
Nachdem Martin Hannett ausgefallen war, nahmen sie die zweite vertraglich vereinbarte Single "A Day Without Me" mit dem Produzenten Steve Lillywhite auf und es stellte sich heraus, dass Steve mit der Band wunderbar harmonierte.
Es begannen die Aufnahmen zu ihrem ersten Album "Boy". Bono erzählt heute, dass dieses Album geprägt von Angst war, der Angst erwachsen zu werden.
Ich denke, Boy wurde etwas über einen Monat lang aufgenommen. Wie sich später herausstellte, war es das schnellste Album, das wir je machen würden.
Als wir "I Will Follow" aufgenommen hatte, wurde mir klar, dass uns hier tatsächlich etwas Außergewöhnliches gelungen war.
In dieser Platte ist die Zukunft schon angelegt. Sie enthält ein paar wirklich schöne Sachen, eher von der musikalischen Seite her als von den Texten her, voller gewundener, schmerzvoller Melodien steckt sie. Ich finde, es ist eines der besten Debüt-Alben, die je gemacht worden sind.
U2: "BOY"
01 I Will Follow
02 Twilight
03 An Cat Dubh
04 Into The Heart
05 Out Of Control
06 Stories For Boys
07 The Ocean
08 A Day Without Me
09 Another Time, Another Place
10 The Electric Co.
11 Shadows And Tall Trees
Alle Songs können mit dem RealPlayer (Infos+Download) angespielt werden. Dies sind offizielle Hörproben von Universal Music Publishing Ltd.
Im Oktober 1980 kam der nächste Schritt. U2 spielten zum ersten Mal auf dem Festland. Sie spielten in Amsterdam.
U2 Electric&Co live Sportpark Geleen, Holland, 08-06-1981
Dann ging es Schlag auf Schlag. Es wurden Pläne für eine Amerika-Tour gemacht. Paul nahm Kontakte auf und es klappte. Die ersten Eindrücke bei der Ankunft in New York wurden von den Bandmitgliedern als überwältigend empfunden. Sie bewegten sich mit einem kleinen Transporter und spielten einige Gigs an der Ostküste. Es war eine wilde und ungezügelte Zeit, während dieser es sogar während einem Auftritt zu einer handfesten Keilerei zwischen den Bandmitgliedern kam.
Ich klammerte mich von hinten an Bones Hemd fest und versuchte ihn daran zu hindern, auf Larry loszuschlagen. Stattdessen schlug er mich. Also endete ich in einer Schlägerei mit Bono.
Danach standen Auftritte in Frankreich, Deutschland und dem damals isolierten West-Berlin an. Kurz danach begann die 3-monatige Boy-Tournee, wieder durch Amerika, auf der sie Bruce Springsteen und Pete Townshend von den Who trafen.
Es gab ein paar Nächte, in denen es spät wurde, mit Mädchen, die wir in unseren wildesten Phantasien für Groupies hielten, ein bisschen Killergras rauchten und einen Schluck Wein tranken.
Dann kam es zu einer schweren Krise. Die Aufnahmen zum zweiten Album sollten beginnen, aber sie hatten keine neuen Stücke.
Im Musikbusiness gibt es eine Redewendung: "Für ein erstes Album hast du dein Leben lang Zeit. Für das zweite etwa drei bis vier Wochen. Wir standen also unter gewaltigem Druck".
Die Musik war nicht so sehr das Problem, als wie die Texte.
Uns ging die Luft aus, die Begeisterung verflog. Steve Lillywhite wurde nicht müde zu sagen: "Na komm schon, ich meine, wie lang ist dieser Song, Bono? Wie lang, dreieinhalb Minuten? Du kannst doch wohl genug Text schreiben, um dreieinhalb Minuten zu füllen."
In dieser Zeit gingen Edge, Bono und Larry zu christlichen Treffen, was die drei bald in einen Konflikt zwischen den Anforderungen an eine Rock'n'Roll-Band und den Zielen der christlichen Gemeinschaft führte. Die Band stand definitiv an einem Scheideweg und knapp vor der Auflösung.
Edge verliess die Band. Er sagte es aber nicht der Band, sondern nur mir. Er fühlte an diesem Punkt, dass er nicht Gott und den Menschen gleichzeitig dienen konnte. Ich entschied, dass ich das auch nicht könnte, also stiegen wir beide aus.
Es war der Manager Paul McGuiness, der die Situation rettete. Er machte ihnen klar, dass sie schon viel zu viel in die Band investiert hatten um dies alles jetzt plötzlich wieder so einfach aufzugeben zu können. Sie akzeptierten dies und das Thema war ein für allemal vom Tisch. Die Krise war überwunden und die Arbeit am Album "October" wurde fortgesetzt und fertiggestellt.
Das Album war viel besser, als ich erwartet hatte. Meiner Meinung nach waren die Songs gut, wir wussten nur nicht, wie wir sie fertig bekommen konnten.
U2: "OCTOBER"
01 Gloria
02 I Fall Down
03 I Threw A Brick Through A Window
04 Rejoice
05 Fire
06 Tomorrow
07 October
08 With A Shout (Jerusalem)
09 Stranger In A Strange Land
10 Scarlet
11 Is That All?
"October" kam jedoch bei der Plattenfirma nicht gut an, die Verkaufszahlen blieben weit hinter den Erwartungen. Aber Island Records glaubte immer noch an die Band und stand weiterhin hinter U2.
Bei einem anderen Label hätte man mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit beschlossen, sich von uns zu trennen, denke ich. Das geschah zwar nicht, aber uns war klar, dass wir deutlich mehr vorlegen mussten, wenn wir überleben wollten.