Hurra, wir leben noch

Ich kann mich noch gut an die Aufregung erinnern, als 2008 der LHC im Europäischen Kernforschungszentrum Cern in Genf zum ersten Male eingeschaltet wurde. "Wir werden von den schwarzen Löchern verschlungen, die dort erzeugt werden", so die großen Presse-Schlagzeilen. Der Witz bestand darin, dass man damals ja noch keine Teilchen miteinander kollidieren ließ. Man hatte ihn erstmalig eingeschaltet um den Teilchen mal etwas Dampf zu machen und sie so richtig beschleunigen.

Die eigentliche "gefährliche" Aktivität fand erst jetzt vor ein paar Wochen statt. Von der großen Weltöffentlichkeit nicht sehr beachtet, passierte in dem Teilchenbeschleuniger LHC Ende März erstmals das, wofür er eigentlich gebaut wurde. Es wurden Teilchen bei Fast-Lichtgeschwindigkeit aufeinander geschossen und das Ergebnis der Kollisionen wurde aufgezeichnet... siehe hier.
Das Ergebnis 3 Monate später: siehe da... wir alle leben noch. Und die Menschen, die Ende März noch lebten aber heute tot sind, wurden nicht von einem schwarzen Loch verschlungen sondern sind auf herkömmliche Art und Weise abgekratzt gestorben.


Die Forscher müssen sich damals angesichts der medialen Aufregung köstlich amüsiert haben. Und wir haben wieder ein Beispiel mehr für die Macht der Medien über die Emotionen der Massen und sind diesbezüglich auch um eine Erfahrung reicher geworden. Lernen wir auch daraus? Nein, wohl kaum.
Also sprach steppenhund
am Donnerstag, 22. Juli 2010, 15:24 wie folgt:

Nein, kein Amusement

Die Forscher haben sich nicht amüsiert. Ich war ja im April beim CERN und habe mitbekommen, wie stark sie um PR bemüht sind, um derartigen Medienhypes mit Aufklärung zu begegnen.
Ich habe ja in meinem letzten Blog noch darüber geschrieben, wie begeistert ich von dem Versuch war.
Schwarze Löcher, wie man sie als gefahrbringend postuliert haben, treten immer wieder auf. Ist die Masse zu klein, passiert eben gar nichts.
Das Besondere war ja, dass die jetzt laufenden Experimente vor 30 Jahren geplant wurden und vor 20 Jahren mit dem Bau begonnen wurde.
So betrachtet kann man diesen Teil der Forschung wie ein Weltwunder betrachten. Menschliche Tätigkeiten in diesen Zeitdimensionen waren früher Weltwunder oder werden heute noch in manchen anderen Architekturen bewundert.
Statt dessen bohren wir heute einmal schnell unter Zeitdruck ein bisschen den Boden an und wundern uns, dass Öl und Methan herausschießen, was wir nicht handhaben können.
Ein Armageddon ist viel mehr aufgrund einer unbedachten Ölbohrung zu erwarten als aufgrund der Forschungen im CERN.
-
Woran wir draufgehen, ist aber letztendlich egal. Der letzte Überlebende darf dann noch sinnieren: Wahrscheinlich waren wir einfach zu deppert!

PeZwo - 22. Jul, 17:23

Wow. Du warst beim CERN? *neidig_schau* Wo bleibt der ausführliche Blogbericht? ;)

Ja, klar... aus Sicht der PR kann solche Panikmache durchaus gefährlich sein... aus rein wissenschaftlicher Sicht muss einem das wohl eher amüsieren*g*

Und ja, ich denke auch dass der LHC so etwas wie ein modernes Weltwunder darstellt.
steppenhund - 22. Jul, 22:32

Ich hatte einen Bericht, bevor ich das Blog interimistisch geschlossen hatte. Aber es gibt hier noch einen nicht physikalischen Bericht von der CERN-Reise:
http://www.speising.net/essen/detail/chateauvieux_ch_peney-dessus/
Also sprach LaChatteNoire
am Donnerstag, 22. Juli 2010, 22:21 wie folgt:

.. also so ein schwarzes Loch fände ich manchmal ganz heilsam ;) Hast Du da etwas gegen...

PeZwo - 23. Jul, 00:11

Hmmm.... kommt darauf an*breitgrins*
Also sprach LaChatteNoire
am Donnerstag, 22. Juli 2010, 22:22 wie folgt:

.. na klar, am Anfang waren ja gleich mal ein paar wichtige Sensoren hin. Apropos ... waren die hoffentlich nicht 'made in Germany ,?'

PeZwo - 23. Jul, 00:12

soweit ich mich erinnern kann, waren es Lecks in der Kühlung, die den LHC lahm legten.
steppenhund - 23. Jul, 09:07

Um diese Lecks zu estimieren, muss man erst einmal wissen, wie die Strecke zusammengebaut ist. 1532 Dipole (Magnete), einige Quadrupole und Hexapole sind in einem Kreis von 27km angeordnet. Jeder Dipol ist 15m lang und ziemlich komplex aufgebaut.
Durch die Stromleitungen, welche die Magnete energetisieren fließt 12 000 Ampere. Und das bei einem Querschnit von ca 12 * 1,5 mm. Wenn man es sieht, kann man es schwer glauben. Das geht aber nur in Supraleitfähigkeit. Dafür muss man aber auf 1.9° Kelvin (ungefähr -271° Celsius) herunterkühlen.
Das Vakuum in den ganz innen liegenden Röhren ist 10^-12 Torr. (Wenn ich mich richtig erinnere) Dort fließen die Elektronen. Das Problem ist, dass bei der geringsten Verletzung der Werte, das thermische Gleichgewicht nicht mehr aufrecht erhalten werden kann und die Temperatur steigt. Dann bricht die Supraleitfähigkeit zusammen und die Stromleitungen verbrutzeln.
Nehmen wir an, ein Teil wird aus irgendeinem Grund kaputt. Dann muss er (15m Länge, 100 Tonnen schwer) im Tunnel an beiden Enden losgelöst werden, im engen Kanal weg transportiert und ersetzt werden. Der neue muss wieder mit allen Genauigkeiten angeschlossen und gedichtet werden.
Diese Magnete werden nur für den CERN hergestellt und lassen sich nicht von der Stange kaufen. Es ist ein Wunder, dass die überhaupt so funktionieren.
Die Herstellung erfolgte übrigens in Italien.

Übrigens zur Veranschaulichung:
Die Dinger haben einen Durchmesser von geschätzt einem halben Meter.
Die Länge beträgt soviel wie 3 Autos hintereinander geparkt.
Das Gewicht beträgt soviel wie 100 Autos von der entsprechenden Größe.
Vielleicht kann man sich dann vorstellen, wie schwer es ist, die Dinger handzuhaben.
PeZwo - 23. Jul, 11:20

@steppenhund

Wow. Danke für diese Erläuterungen!!

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