Gottgegebenes Talent

Seit einigen Jahren spriessen die Musikcastingshows nur so aus dem Fernsehboden. In der Realität dienen diese in der Regel mehr der Unterhaltung der Zuseher als der ernsthaften Talentsuche.

Aber es gibt auch Ausnahmen. Vor etwas über einem Jahr schrieb ich bereits von einem kleinen Mädchen, was bei einer Talentshow für Furore sorgte.

Nun bin ich beim Surfen im Bloggersdorf zufällig auf einen Link gestossen, wo wieder so ein unfassbarer Auftritt bei so einer Castingshow gezeigt wird.

Der mobile phone salesman Paul Potts betritt die Bühne. Das Alter vielleicht Mitte Dreissig, etwas mollig, schiefe Zähne, bewegt sich linkisch und unsicher.... der personifizierte Mr. unscheinbarer Durchschnitt. Als der Handyverkäufer erklärt er möchte die extrem schwere Arie Nessun Dorma aus Puccinis Oper Turandot singen, sah man der Jury ihre "Oh Gott, das wird wieder ein Desaster werden"-Gedanken an. Dann begann er zu singen und der Gesichtausdruck der Jury veränderte sich in ein ungläubiges Staunen:




Unfassbar...
Also sprach theswiss
am Sonntag, 9. März 2008, 12:57 wie folgt:

Hammer.

PeZwo - 9. Mär, 13:04

gelle... in der Tat. Hier ist eine Aufnahme der Arie von DEM Tenor Luciano Pavarotti und dann ahnt man, WAS dieser Amateur für eine Leistung bringt.
Also sprach dr_adi_waberl
am Sonntag, 9. März 2008, 13:15 wie folgt:

Das ist ja unglaublich - sensationell - unfassbar. Das der nicht schon früher entdeckt wurde!!!

PeZwo - 9. Mär, 13:22

Lt. Wikipedia hat er es schon früher probiert, den Durchbruch nicht geschafft und mehr oder minder aufgegeben.

Jetzt scheint es doch noch was zu werden. Das ist irgendwie fast so was wie ein reales Märchen.
theswiss - 9. Mär, 13:28

als Opernsänger spielt ja zum Glück immer noch die Stimme die Hauptrolle und nicht das Aussehen :-)
PeZwo - 9. Mär, 13:37

@theswiss

DAS ist ein wahres Wort. Als Popsänger hätte er wohl kaum eine Chance... siehe Kurt Nilsen. Der hat auch eine Stimme wie ein Weltmeister, gewann die norwegische Ausgabe von Pop Idol, nachher sogar World Idol ... sieht aber völlig durchschnittlich aus und schafft es nicht so richtig.
Also sprach steppenhund
am Sonntag, 9. März 2008, 14:00 wie folgt:

Lieber P2, wo treibst Du nur diese Links auf? Fantastisch. Bei diesem Video bin ich zu Tränen gerührt. Es ist dieses "Unerwartete", was sich durch die Haltung der Jury und des Publikums noch verstärkt wird. Mir fiele da noch viel zum Verhalten von Jurys im Allgemeinen ein, aber eigentlich will ich nur danke sagen.

PeZwo - 9. Mär, 14:17

*g* Diese Aufnahme ist tatsächlich so was wie ein Magic Moment.

Sie zu finden war Zufall, es war wirklich Zufall. Vielleicht spielt mein Drang wegen meiner ständigen Suche nach irgendetwas Besonderem überall hinzuklicken auch eine kleine Rolle. Egal, in jedem Falle freut es mich wenn jemand so empfindet wie und meine Begeisterung so teilen kann :))
Also sprach fr. hase
am Montag, 10. März 2008, 00:16 wie folgt:

1. ich bin kein opernfan. einmal staatsoper. und das hats versaut.
ABER!
2. das ist so großartig.
3. gänsehauuuuuuht!!!
omfg!
so.. großartig.
*snurr*
*sneuz*

PeZwo - 10. Mär, 09:24

ich habe dieses Video gestern jemand vorgespielt, der auch kein Opernfan ist... und auch berührt war. Irgendwie hat die Aufnahme was...
Also sprach david ramirer
am Montag, 10. März 2008, 09:53 wie folgt:

gott

hat vielleicht ein wenig gegeben, aber wir hören hier nicht nur talent, sondern die folge von jahrelanger arbeit.

PeZwo - 10. Mär, 11:02

Um als Handyverkäufer so eine Leistung hinzulegen muss schon viel, sehr viel Talent da sein. Ja, Arbeit kam auch hinzu... in Wikipedia steht dass er einiges für seine Stimme getan hat.

Aber ich bin mir sicher... würde z.B. ich die gleiche Ausbildung machen und die gleiche Zeit in meine Stimme investieren, ich würde dies dennoch nicht so singen können.
david ramirer - 10. Mär, 12:21

talent wird überbewertet: die arbeit machts aus.
das größte talent kann die begeisterung dieses mannes nicht erklären, mit der er sich in diese arie hineingearbeitet und in die hallen der musik vorgewagt hat. es sind oft die talentiertesten leute, die das geringste interesse haben. leider.

abgesehen davon gefällt mir das ganze operngesülze nicht, egal ob vom pavianotti oder dem herrn potts.
PeZwo - 10. Mär, 12:33

ich bin teilweise, aber nicht ganz deiner Meinung.
Das Talent bestimmt die Obergrenze wie weit jemand kommen kann. Die Arbeit und dazugehörig die Leidenschaft und Begeisterung bestimmt wieviel man von diesem talentbestimmten Spielraum nutzen kann.

Paul ist Amateur und nutzt seine Möglichkeiten sicher nur zum Teil aus. Wenn er jetzt schon so singt, dann frage ich mich wozu seine Stimme unter professionellen Bedingungen imstande sein könnte.
david ramirer - 10. Mär, 12:41

ich sehe den begriff talent anders.
talent bedeutet, dass bestimmte dinge im laufe der entwicklung etwas schneller gehen als andere: der talentiertere hat einen zeitvorsprung beim lernen, den der weniger talentierte mit härterer arbeit (und mehr zeit) wettmachen kann.
unterm strich ist es nicht wirklich relevant, ob jemand talent hat: denn viel arbeit hat auch der talentierte. es kann sich um ganz kleine details handeln, die das talent "übernimmt", etwa das auswendiglernen von texten, oder das gefühl für rythmus. jemand, der talent für alles hat, ist eigentlich zu bedauern, weil er wohl niemals wird schätzen können, was er da hat.
PeZwo - 10. Mär, 13:50

wir nähern uns immer mehr an.

Ich sehe oft bei meinen Gitarrekursen wie schnell und leicht manche lernen und wieviel Zeit und Arbeit andere reinstecken müssen um das gleiche zu erreichen.
Trotzdem "gewinnen" normalerweise die Talentierten, einfach deswegen weil der "Arbeiter" bei allem Fleiß früher oder später an die Grenzen seiner Möglichkeiten stößt während der Talentierte mit etwas zusätzlicher Arbeit üblicherweise locker noch etwas drauflegen kann.
david ramirer - 10. Mär, 14:45

ja,
aber irgendwann ist auch für den talentiertesten eine grenze erreicht, die er nicht mehr toppen kann. sehr talentierte zeichner oder maler z.b. begnügen sich dann oft schon mit ihren fertigkeiten und üben gar nicht mehr weiter, und gelangen dann gegenüber den "arbeitern" ins hintertreffen.

mozart ist da ein gutes beispiel: er war unfassbar talentiert und hat sich sehr früh schon mit seinem überbordenden talent zufriedengegeben und daraufhin eine symphonie nach der anderen herauspurzeln lassen nebst etlichen überflüssigen klaviersonaten und etlicher anderer dutzendware. erst ganz spät hat er sich ein wenig zusammengerissen und sein requiem geschrieben, wohl das einzige in seinem umfangreichen oevre, das für ihn "arbeit" bedeutet hat (dementsprechend bedeutend wurde es auch).
auch bei mozart frage ich mich: was hätte er alles erreichen können, wenn er nur ein wenig mehr an sich gearbeitet, und sich nicht mit dem haufen talent begnügt hätte, den ihm der liebe gott unters kopfkissen gelegt hatte.
PeZwo - 10. Mär, 15:30

Natürlich gibt es auch für den Talentiertesten eine Grenze, die er nicht mehr toppen kann. Der "Arbeiter" hat nur dann eine Chance, wenn der Talentierte sein Potential nicht ausschöpft und - so wie du schreibst - nicht mehr weiterübt. Wenn beide gleich viel arbeiten, wird der Talentierte immer vorne sein.

Mozart ist ein gutes und gleichzeitig schlechtes Beispiel, weil er schon mit 35 Jahren gestorben ist... ich glaube, dass die Werke mit der so richtigen geistige Reife erst im Alter gekommen wären. Beethoven komponierte seine ersten wirklich bedeutsamen Werke (5. + 6. Symphonie) in einem Alter von Mitte 30, auch Bruckner schrieb seine revolutionären Symphonien erst nach seinem 50. Geburtstag (um nur 2 von vielen Beispielen zu nennen). Wolferl starb einfach zu früh.
david ramirer - 10. Mär, 15:49

nein, da stimme ich dir nicht zu.

"wenn beide gleich viel arbeiten" ist zu abstrakt formuliert. es gibt einen punkt, wo es um andere dinge geht als nur um talent, und da ist der weg dorthin relativ egal. kunst ist zu 90% transpiration und zu 10% inspiration. das talent verschwindet irgendwo dazwischen als "vorsprung", nicht mehr.
im ende ist es unbedeutend: am ziel zählt es gar nicht mehr, und auch der am beginn untalentierte kann zu dem ziel gelangen, und niemand wird dann noch sehen können, ob da am anfang bei dem einen talent war, oder nicht.
das "talent" bleibt dann eine fußnote in der biographie, mehr nicht.

...und bach hat in seinem ganzen leben keine flache note von sich gegeben. neinnein, wolferl hätte auch mit 70 nichts mehr zusammengebracht, er hatte alles schon in der jugend verpulvert.
PeZwo - 10. Mär, 16:42

sehr interessante und ansprechende Diskussion. Leider übersteigt deren Komplexität mittlerweile die Blogmöglichkeiten. Ich muss fort.

Vielleicht können wir sie mal von Angesicht zu Angesicht fortsetzen? :))
Also sprach herold
am Montag, 10. März 2008, 11:10 wie folgt:

aufgrund dieser fulminanten zahn-fehlstellung sieht das doch eher nach playback von pavarotti aus.

PeZwo - 10. Mär, 11:18

*g*

Nein, war es sicher nicht. Der hat schon wirklich live gesungen.

Hier eine Aufnahme von Pavarotti von derselben Arie... da ist doch ein deutlicher Unterschied zum Hören:
Also sprach deprifrei-leben
am Montag, 10. März 2008, 16:05 wie folgt:

Das Problem ist nur, dass so ein Typ in Deutschland keine Chance hätte, da er nicht ins Castingbild passt. Es gab auch eine Behinderte Rollstuhlfrau, die eine fantastische Stimme hatte und besser war, als viele der aktuellen Kandidaten. Aber sie kam nicht weiter. Bei DSDS wird nur nach Verkaufswert gehandelt, wer nicht in dieses Bild reinpasst, wird gnadenlos weggeschickt.
Nur Dieter Bohlen ist nach jeder Show der wirkliche Castinggewinner.

PeZwo - 10. Mär, 16:39

naja... ich sehe das differenzierter.

Die Sendung heißt "Britain Got Talent" und die suchen Leute mit irgendeinen Talent, das kann Opernsänger aber auch Jonglieren sein. Bohlen hingegen sucht genau nach dem einen bestimmten Typ Popstar. Daher hätte Paul bei Bohlen keine Chance, richtig. Weil der das auch nicht sucht.

Behinderte als Popstars gibt es... aber nur in Ausnahmefällen. Mir fallen auf die Schnelle lediglich die beiden blinden Sänger Ray Charles und Stevie Wonder ein. Ich kann mich an die Rollstuhlfahrerin erinnern. Ja, sie war nicht schlecht aber ich glaube auch ohne Behinderung wäre sie nicht weiter gekommen.
david ramirer - 10. Mär, 17:24

hier ist ein bemerkenswertes beispiel dafür, wie unbedeutend eine behinderung im klassischen musik- und opernbusiness sein kann...

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