Kindeswohl

In Deutschland gab es diese Woche zu einem gesellschaftlich durchaus brisantem Thema ein bemerkenswertes Urteil von dem Höchstgericht. Dieses gesteht unverheirateten Vätern mehr Rechte an ihren Kindern zu. Natürlich führte dieses umgehend zu Diskussionen über dieses Thema in Österreich.

In dem Spiegel-Artikel hat ein pensionierter Richter das Grundproblem auf den Punkt gebracht: ".... das Sorgerecht so etwas wie eine Eintragung ins Grundbuch: Jetzt ist das Kind meins, jetzt gehört es mir". Das Pendel ist, wie der Standard zu diesem Thema schreibt, zu weit zugunsten der Mütter ausgeschlagen.... das berühmt-berüchtigte Kindeswohl, wegen dem per Gerichtsbeschluss mehr als eine Generation von geschiedenen und unverheirateten Vätern von ihrem Kindern ferngehalten wurden.

Natürlich gab und gibt es unakzeptable Väter, die möglichst weit von ihren Kindern fern gehalten werden sollten. Aber ich habe nie verstanden, warum die Gesetze inklusive der täglichen juristischen Praxis so ausgelegt waren als ob ALLE so wären.

Und ja, es gibt auch jene Väter, die sich tatsächlich nicht um ihre Kinder kümmern wollen. Diese werden auch oft in der Argumentation für die juristische Bevorzugung der Mutter herangezogen. Genau dies hielt ich immer für Zynismus im höchsten Grad. Weil es Väter gibt, die sich nicht um ihre Kindern kümmern wollen, nimmt man jenen Vätern, die genau das was zu Recht als Fehlverhalten angeprangert wird NICHT tun wollen, die Kinder weg. Geht es noch perfider? Schwerlich.


Ich stellt mir großer Freude fest, dass es bei diesem Thema schön langsam ein Umdenken gibt. Weg vom "Besitzdenken" und hin zu dem Menschenrecht, dass ein Kind Mutter UND Vater braucht. Es wird höchste Zeit, die Diskriminierung der Väter, die eigentlich eine Diskriminierung des Kindes ist, zu beenden.

P.S.: Hier noch ein Link zu diesem Thema http://www.spiegel.de/thema/sorgerecht/
Also sprach kraM
am Mittwoch, 4. August 2010, 14:17 wie folgt:

Das ist der Grund, warum das Verfassungsgericht in Deutschland so beliebt ist. Wobei das Urteil auch kritisiert wurde, weil man nun wohl wegen jeder Sache (mutter will umziehen wegen Job z.B.) vor Gericht muss.

PeZwo - 4. Aug, 14:28

Naja... wenn man es genau nimmt, dann war's gar nicht das Verfassungsgericht, was da mal einen juristischen Lichtblick hatte. Es hat "nur" eine Erkenntnis des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte umgesetzt.
schlafmuetze - 4. Aug, 14:58

Moin Kram :-)
Man muß nicht zwingend wegen jeder Sache vors Gericht. Das müssen geschiedene Eltern ja auch nicht. Warum soll das bei unehelichen Kindern anders laufen, als bei ehelichen.
Da sind die Erwachsenen gefragt. Gemeinsames Sorgerecht bedeutet auch nicht, das man in der Nachbarschaft wohnen muß.
Beide Eltern haben Anteil am Kindeswohl.
Vielleicht müssen da einige Eltern dazulernen.
grüßli :-)
kraM - 4. Aug, 15:53

ich bin noch nicht in der lage, mir über sowas gedanken zu machen ;)
hab aber im radio gehört, dass es wohl zu vielen gerichtsterminen kommen wird, auf die vernunft der eltern kann man sicher eher nicht bauen. ;D
PeZwo - 4. Aug, 19:45

Jetzt wird es sicher so manche Väter geben, die mit Unterstützung dieses Urteils die gemeinsame Obsorge anstreben werden. Daher werden die Gerichtstermine vermutlich steigen.

Ich erwarte jedoch, dass die Anzahl dieser Termine später unter das heutige Niveau sinken werden.
kraM - 5. Aug, 12:09

wie kommst du zu diesem optimismus? der vater hat mehr rechte, also kann er auch mehr klagen. das wird er auch tun.
PeZwo - 5. Aug, 12:38

Eben. Weil er mehr Rechte hat und diese auch von Anfang an bekommt, braucht er nicht mehr zu klagen. Das betrifft aber logischerweise nur jene Fälle, die erst jetzt nach den neuen Regelungen akut werden. Bei den "Altlasten" wird wohl überdurchschnittlich viel geklagt werden, damit man seine neuen Rechte auch in der Praxis bekommt.
kraM - 5. Aug, 12:56

hm, das er mehr rechte als vorher hat, heißt, dass er mehr möglichkeiten hat, zu klagen. vorher konnte er nicht dagegen klagen, wenn die mutter mit dem kind umziehen wollte. würde ich mal mit juristischen laienkenntnissen vermuten. ;)
eine anwältin im radio äußerte halt auch genau diese vermutung umgekehrt. beim umzugsfall klagt dann eben die mutter wegen des vetos des vaters.
Also sprach schlafmuetze
am Mittwoch, 4. August 2010, 14:51 wie folgt:

Moin moin .. ein schwieriges Thema.
Leider wird ein Kind zu oft benutzt um Rache zu üben. Gefühle werden verletzt, wenn sich Eltern trennen. In den wenigsten Fällen sind Eltern in der Lage, rational das Beste für das Kind im Auge zu haben. Immer wieder lassen erlittenen Enttäuschungen und die Verletzungen eine objektive Sicht auf das Wohl des Kindes nicht mehr zu.
Ich habe bei der Scheidung meines Bruders miterlebt, wie Kinderseelen leiden mußten, weil sich Eltern hassen. Da hat keine Partei im Wohle des Kindes gehandelt, jede hat nur rücksichtslos ausgeteilt. Furchtbar.
Ich sehe aber auch bei meinem Mann, das es anders gehen kann. Wo dann sogenannte Freunde unverblümt hetzen: "Ihr lasst euch scheiden, du kannst nicht jeden zweiten Tag zu deinem Mann fahren." Und seine Ex antwortete: "Wir haben ein gemeinsames Kind. Ich kann."
Wenn Eltern unabhängig von ihren persönlichen Befindlichkeiten handeln könnten, wäre alles viel leichter.
Vielleicht müßten Eltern, die es nicht schaffen, dabei begleitet werden.
Der Gedanke ist richtig. Ein Kind braucht Vater und Mutter und hat ein Anrecht auf beide, egal ob ehelich oder nicht.
Alles andere müssen die "Erwachsenen" im Sinne des Kindes regeln.
Grüßli :-)

PeZwo - 4. Aug, 19:41

Oh ja... ein sehr schwieriges Thema. Und du hast ja innerhalb deiner Familie offensichtlich die ganze Bandbreite mitbekommen.

Meine Überzeugung ist: bekommt eine Menschengruppe über andere Menschen zu viel Macht, dann werden sie diese Macht früher oder später missbräuchlich einsetzen.... egal ob es sich um Männer, Frauen, Politiker, Priester, Mütter, Väter oder andere Gruppen handelt. Daher begrüße ich die Machtaufteilung in Form der gemeinsamen Obsorge. Und diese Aufteilung zwingt jeden, sich zu mäßigen... und wenn die persönlichen Verletzungen noch so schmerzen.
Also sprach flyhigher
am Mittwoch, 4. August 2010, 15:39 wie folgt:

Gemeinsames Sorgerecht ist eine lachhafte Angelegenheit, wenn die Eltern zerstritten sind. O-Ton Jugendamt: Derjenige, wo das Kind wohnt, hat Entscheidungsgewalt. Wenn der andere Partner etwas gegen diese Entscheidung einzuwenden hat, kann man nur vor Gericht ziehen und alleiniges Sorgerecht beantragen. Geschätzte Dauer dieses Verfahrens zur Zeit: 2 Jahre. Ausgang ungewiss. Schlichtungsstelle? Fehlanzeige.

Und nun frage ich: Wieviele Eltern gibt es, die sich nach der Scheidung/Trennung noch gut verstehen, und zum Wohle des Kindes handeln, gemeinsames Sorgerecht hin oder her? Viel zu wenige.

Es tut sehr weh, so einer Sache von außen zusehen zu müssen.

PeZwo - 4. Aug, 19:32

Ich behaupte nicht, dass JEDES geschiedene Paar für eine gemeinsame Obsorge geeignet ist. Aber ich denke, dass es mehr Paar gibt die dafür geeignet sind als umgekehrt.
Also sprach Mondelfchen
am Freitag, 6. August 2010, 00:56 wie folgt:

ich habe einmal einen Vater um seine Tochter kämpfen sehen. Jahrelang. Alles hat er verloren und nur in diesen Kampf gesteckt für Anwälte und Gericht. Schlußendlich ist die Frau zu ihrem neuen Lover ins Ausland gezogen und er hatte keine Chance mehr, irgendwie an das Sorgerecht zu kommen. Das "mitzuerleben" hat mich in dieser Diskussion doch sehr geprägt und ich fände gut, wenn er eine bessere Chance gehabt hätte. Für ihn kommt das Urteil leider 5 Jahre zu spät.

Tja, und ich? Alleinerziehend, 2 Kinder, 2 Väter. Ich sehe das Ganze ein wenig mit Sorge. Ich habe zu beiden Vätern ein tolles Verhältnis, beide können die Kids sehen/haben, wann immer sie wollen. (ja, so was gibt es tatsächlich!!!)

Aber was wäre wenn? Wenn die neue Ehefrau des KV1 - diejenige, die keine Kinder will um sich die Figur nicht zu versauen und mir schon mehrfach damit gedroht hat, den Zwerg umzubringen - ja, was, wenn sie mal wieder auf die Idee kommt, dass mein Sohn besser bei denen leben sollte, wie es ja schon mal aufkam. Damals konnte ich sie einfach auslachen. Aber jetzt? Sicher, KV1 hätte keine Chance, aber zu einem Bruch in unserer sonst so pflegeleichten Umgangsregelung würde es sicher kommen.
Tja, und KV2, der das Sorgerecht damals nicht wollte, weil er das Kind nicht wollte... nun aber total vernarrt in sie ist. Was, wenn er eine andere Frau kennenlernt und wieder einen auf Familie machen will.... Hach, ja. Eigentlich alles kein Grund zur Sorge, es wird (hoffentlich) nie passieren... aber.... etwas mulmig ist mir schon gewesen, als ich das hörte.

PeZwo - 6. Aug, 12:03

Da hast alle beidseitigen Aspekte gut zusammengefasst. Gratuliere dir zu deiner Haltung!!!

Bezüglich deiner Bedenken: bei dem Urteil geht es meines Wissens in deinem Fall ja nur um eine mögliche eine gemeinsame Obsorge mit dem Vater, aber nicht um einen potentiellen Obsorgeverlust von Dir. Der kann nur dann passieren, wenn dir eine massive Verletzung der Betreuungspflichten nachgewiesen werden kann.

Meines Wissens bedeutet das Obsorgerecht in erster Linie, dass der Vater das Recht auf Information über das Kind hat und bei gewichtigen Entscheidungen mitreden kann und nicht mehr auf Freiwilligkeit der Mutter angewiesen ist. Da du deinen KVs ohnehin alles freiwillig zuerkennst, wird sich vermutlich gar nichts ändern.

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